Hey!
am letzten Tag des Jahres habe ich mich dann nochmal hingesetzt und eine neue Kurzgeschichte geschrieben. Ich hoffe sie gefällt euch!
Allen von Herzen ein frohes neues Jahr 2018 und das euch so Gutes wie nur möglich widerfährt.
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Es regnete ein wenig, als Jannes an
diesem Morgen aufstand. Richtig geschlafen, hatte er nicht gerade.
Die dünne Unterlage aus Stroh war nicht wirklich angenehm, doch er
war nicht wählerisch, da er wusste, wie viel sein Vater für ihn
gab. Dieser, auf nacktem Boden liegend wachte vom Husten auf, welcher
aus Jannes unerwartet hervorbrach. „Junge? Alles in Ordnung?“,
fragte Jannes Vater besorgt. „Ja Vater, ich habe mich an einem
Strohhalm verschluckt.“ „Ach, wie sehr wünsche ich es mir, dass
du es später mal besser hast, als ich. Das du dein Kind mal nicht
nur auf einem Bett aus Stroh schlafen lassen müsstest.“ „Das
wünsche ich mir auch, aber ich wünsche mir noch viel mehr, dass wir
das gemeinsam schaffen. Ich meine, wir haben ja nur noch uns beide.“,
Jannes klang etwas traurig. „Mutter fehlt mir so sehr.“ „Ja,
mir fehlt sie auch, aber diese Lungenkrankheit, die sie hatte, die
war ansteckend. Wir wären auch gestorben, wenn sie uns nicht weg
geschickt hätte.“ „Das weiß ich doch auch Vater, aber das
ändert nichts an der Situation. Lasst uns losgehen. Die ersten
Menschen sind schon auf dem Markt und ich habe es so im Gefühl, dass
heute ein guter Tag sein könnte.“, Jannes war selbst erstaunt, als
er diese Worte über die Lippen gebracht hatte. „Ja? Was gibt dir
dieses Gefühl?“, Tom schaute seinen Sohn mit leichter Verwirrung
an. „Ich weiß es nicht. Es überkam mich gerade einfach so.“
„Nun gut. Dann lass uns mal losgehen.“ Mit diesen Worten,
verließen beide ihre Schlafplätze und gingen ins angrenzende
Zimmer. Dort standen ein kleiner alter Holztisch, ein einziger Stuhl
und ein Brett war an die Wand genagelt worden, um darauf ihr Hab und
Gut ablegen zu können. Auf dem Regal lagen, eine alte silberne
Taschenuhr, eine große Wallnuss und drei Becher aus dunklem Holz.
Dies war alles was sie als festen Besitz hatte. Nicht ein weiteres
Teil ließ sich in ihrem Schuppen finden. Nichts von Wert und auch
sonst nichts. Durch ein kleines Fenster in einer der Wände schien
ein wenig Licht in die Räume. Eine kleine Maus flitzte unbemerkt
durch die Schlafecke und verschwand durch ein Loch in der Wand. Davon
hatte Schuppen schließlich besonders viele.
Tom und Jannes traten auf den Weg vor
dem Schuppen. Sie lebten weit außerhalb einer größeren Stadt auf
einem Bauernhof. Jeden Morgen nahm der Bauer sie mit zum Markt in die
Stadt. So auch diesen Morgen. Der Bauer kam und Tom und Jannes
setzten sich ohne ein Wort hinten auf den Karren. Der Bauer wollte
nicht wirklich was mit ihnen zu tun haben, aber seine Frau konnte ihn
letztendlich dazu erwärmen, sie zumindest morgens mitzunehmen. Und
so fuhren sie also Tag ein, Tag aus in die Stadt um da ein wenig Geld
zu machen. Das Pferd zog heute stärker als sonst und so holperten
sie ziemlich unsanft über den Pfad, welcher zum Marktplatz führte.
Manchmal dachte Tom darüber nach, ob der Bauer wohl absichtlich so
ungemütlich fuhr, in der Hoffnung, sie irgendwann loswerden zu
können damit.
Nach fast einer halben Stunde
erreichten sie die Pfandsgasse und das war der Zeitpunkt, an dem sie
abspringen würden. Der Bauer fuhr dann weiter bis auf den Markt.
Dieser verkaufte dort Besen, Eimer, Milch und Getreide. Das große
Geld machte er zwar nicht, aber er konnte davon gut leben. Tom und
Jannes liefen die Pfandsgasse entlang und grüßten auf dem Weg einen
Landstreicher und einige Waisenkinder, welche in den Baracken an
diesem Rand des Marktes lebten. Jannes war froh nicht ein Waisenkind
zu sein, weil diese noch ärmlicher lebten als er und sein Vater. Als
sie auch den zweiten Landstreicher hinter sich gelassen hatten bogen
sie nach rechts auf den Marktplatz ein. In einer dunkleren Ecke hing
ein altes Holzschild, wo mit blasser Farbe noch „Hütchenhüpfer“
zu lesen war. Tom klappte ein Brett von der Wand auf einen Stapel
alte Zeitungen. Die andere Seite legte er auf einem alten Feuerkorb
ab. Einen kleinen Strohballen hatte der Bauer ihnen einst zu
Weihnachten überlassen und dieser diente nun als Sitzplatz. Tom
setzte Jannes einen alten Zylinder auf, welcher einen auffälligen
Flicken auf der Oberseite hatte. „Vater? Warum setzt du mir den
Zylinder auf?“, Jannes schaute seinen Vater verdutzt an. „Wenn du
schon so ein gutes Gefühl heute morgen hattest, dann sollst du auch
derjenige sein, der Heute den Hut von Großvater trägt.“, Toms
Augen strahlten Wärme und Liebe aus. Das was Jannes seit langer Zeit
schon fehlte und ihm auch. „Oh vielen Dank Vater!“, Jannes war
überglücklich.
Wie immer kamen in den ersten Stunden
des Morgens nur wenige Leute bei ihnen vorbei. Gegen Mittag wurde es
meist etwas voller und am Nachmittag waren oft nur noch die ärmeren
Leute unterwegs, weil sie dann weniger Schmach von der Obrigkeit der
Stadt zu erwarten hatten.
Die beiden stellten, angesichts des
Wetters, auf ein mageres Geschäft ein.
Eine ältere Dame mit feiner Bekleidung
trat gegen Mittag an ihren Stand heran und wollte eine Runde spielen.
Jannes spielte zwei Runden mit ihr – und als er auch die zweite
locker gewann schmiss die Frau das gesetzte Geld hinter die Beiden
und ging fluchend weiter. „Naja, wenigstens hat sie uns den Einsatz
gelassen und ist nicht einfach so abgehauen.“, Jannes guckte etwas
bedrückt seinen Vater an, der der Frau immer noch verärgert
hinterher schaute. „Ja mein Sohn, mach dir nichts drauß, einige
Leute haben einfach ein zu kleines Herz.“ Er strich Jannes über
die kurzen braunen Haare, welche nun sichtbar waren, da er den
Zylinder abgenommen hatte. Jannes drehte sich langsam unter der Hand
seines Vaters um und beugte sich um das Geld aufzuheben. „Vater,
schau nur! Die Frau hat zu viel Geld nach uns geworfen!“, Jannes
schaute seinen Vater an. Tom dachte kurz nach und sagte dann: „Lauf
ihr hinterher und gib ihr das was sie zu viel geworfen hat. Ich will
nicht von so jemandem als Gauner denunziert werden.“ „Ist gut
Vater.“
Jannes schnappte sich die beiden
Goldmünzen und lief der Frau hinterher den Markt entlang und sah
dann vor einer Bäckerei die Frau stehen. Er ging auf sie zu und
verbeugte sich als er nah genug an der Frau dran war. „Gnädige
Frau, sie haben...“ „Verschwinde Betteljunge, von mir bekommst du
nichts.“, die Frau legte einen sehr forschen Ton an den Tag. „Nein,
gnädige Frau, ich möchte nicht betteln, sie waren gerade bei uns am
Hütchenstand und sie haben uns zu viel Geld da gelassen.“, Jannes
hoffte, dass die Frau keinen weiteren Aufstand machen würde und das
Geld einfach so nehmen würde. Doch das tat sie nicht. „Oh, oh,
verzeih mir, ich wollte dich nicht so anschreien. Ich bin wärmsten
erfreut über eure Ehrlichkeit. Wie heißt du mein Junge?“, mit
einem Mal lag ein warmer, fast schon mütterlicher Ton in der Stimme
der Frau. „Mein Name, gnädige Frau, ist Jannes, Jannes
Schreiber.“, ein leichtes Zittern lag in Jannes Stimme. „Pass
auf, du warst so ehrlich, und das rechne ich dir und deinem Vater
hoch an. Behaltet das Geld. Ich habe genug, dass ich euch das gerne
überlassen will. Und richte deinem Vater meine Entschuldigung aus!“,
sie gab Jannes die Goldstücke zurück. „Viel... vielen Dank
gnädige Dame. Gott segne Sie, sie und ihre Familie.“, Jannes
konnte es noch nicht so richtig fassen. „Vielen Dank Junge. Und nun
geh und hilf deinem Vater brav weiter.“ Mit diesen Wort
verabschiedete sich die Dame und betrat den Bäcker welchen sie wohl
nicht so schnell wieder zu verlassen vermochte, da sie prompt eine
scheinbar gute Bekannte traf. Jannes zwickte sich einmal kurz in den
Arm um zu sehen, ob er träumen würde, doch es war Realität. Er
rannte zurück zu seinem Vater und erzählte ihm, was die Dame ihn
hat ausrichten lassen. Sein Vater nickte und sagte freudestrahlend:
„Mein Sohn, das ist genug Gold um uns einen ganzen Monat richtiges
Essen zu leisten!“ „Ja Vater! Und du sollst dir auch eine
Unterlage aus Stroh besorgen! Ich verzichte gerne auf ein paar Tage
an denen ich mehr Essen habe als jetzt, damit du nicht mehr auf dem
kalten Boden schlafen musst.“ Für seine Tapferkeit und seine
Großherzigkeit schätze er seinen Sohn sehr. Er dachte oft darüber
nach, wie ähnlich doch seine Frau und sein Sohn sich doch waren.
„Ja, mal sehen was ich dafür alles vom Bauern kaufen kann.“
Die beiden beruhigten sich wieder und
machten den restlichen Tag über noch so die üblichen ein oder zwei
kleine Gewinne. Am frühen Abend, die Kirchenglocken hatten bereits 6
geschlagen, räumten sie ihren Stand wieder zusammen und machten sich
auf den Weg zurück zum Bauernhof.
Es war stockfinster als die beiden in
ihren dreckigen und teils schon sehr kaputten Mänteln an ihrem
Schuppen ankamen. Irgendwo auf dem Hof hörte man noch eine Kuh und
im Haus der Bauern stritten sich mal wieder die Beiden. Jannes und
sein Vater legten sich schlafen und waren beide sehr glücklich über
die Vorkommnisse des Tages.
Am nächsten Morgen wurden beide
gleichzeitig wach. Das Pferd trabte neben dem Schuppen lang. Ein
Zeichen dafür, dass es zu spät war für die Beiden. Sie hatten ihre
Mitfahrgelegenheit verpasst. Doch auf einmal hörten sie den Bauern
etwas brummenln: „He, ihr Beiden, steigt auf! Ich warte heute nur
ausnahmsweise auf euch.“ Tom und Jannes schauten sich nur einen
Bruchteil einer Sekunde an und stürmten dann förmlich aus der Tür.
Tom bedankte sich vielmals während er Jannes auf den Wagen half. Und
auch Jannes bedankte sich mehrmals. Der Bauer lächelte schwach und
murmelte so etwas wie: „Meine Frau meinte ich sollte mal
freundlicher zu Ihnen sein.“ „Vielen Dank werter Herr, wir wissen
das zu Schätzen.“, sagte Tom. Und so ging die Fahrt los. Die
beiden genossen die Fahrt ausnahmsweise einmal richtig.
Der Morgen war unspektakulär wie sie
es meistens sind. Am Mittag war alles ganz normal. Der ein oder
andere kam vorbei machte ein Spielchen oder zwei und ging dann wieder
seines Weges. Als sie gerade zusammenräumen wollten, trat ein Mann
an den Tisch. „Guten Tag. Mein Name ist Fürst Jonathan von
Schwarzenburg und ich habe Sie die letzten Tag immer mal wieder
beobachtet. Ich würde gerne eine Runde mit ihnen spielen.“ „Oh,
Guten Tag werter Fürst. Sehr gerne. Wie kommt es, dass sie an einem
so einfachen Stand wie unserem spielen wollen? Ich meine verstehen
sie mich bitte nicht falsch, wir freuen uns wirklich ungemein über
ihr Interesse an einem Spielchen bei uns. Aber warum denn
ausgerechnet bei uns?“, Jannes konnte Tom die Anstrengung ansehen,
die er aufbringen musste um sich so gewählt und höflich wie möglich
ausdrücken zu können.
„Guter Mann, ich mir zum Ziele
gesetzt, einmal im Jahr Menschen aus diesem Fürstentum etwas Gutes
zu tun. Und dieses Jahr seid ihr es, werter Herr, mein Junge.“, er
nickte in Jannes Richtung und dieser verbeugte sich förmlich. „Sie
scherzen verehrter Fürst. Sie wollen uns doch nur auf den Arm nehmen
oder? Ich meine, was ist den lohnenswert daran, uns zu helfen? Ich
bin alt und kann nicht mehr gut arbeiten und mein Sohn ist krank und
kann deswegen nicht im fürstlichen Bautrupp als Arbeiter helfen.“
„Ich beliebe nicht zu scherzen, ich meine es ernst. Ich versuche
immer sehr deutlich zu sein, wenn ich es um ernsthafte
Angelegenheiten geht. Ihr beiden. Ich möchte euch fragen – was
würdet ihr sagen, wenn ich euch vorschlagen würde: ihr werdet meine
neuen Schausteller im fürstlichen Zirkus, welcher auf dem
Burgvorplatz steht. Ihr könntet auf der Schwarzenburg wohnen, wie
alle Akteure, zwar nicht prunkvoll, aber allemal besser als auf der
Straße oder in einem winzigen Schuppen, bei einem unfreundlichen
Bauern.“ „Ab... Aber woher wisst ihr davon? Davon, wo wir
wohnen?“ „Nun, zufällig liegt der Bauernhof auf dem Weg von der
Burg in die Stadt. Ich habe euch gestern morgen dort gesehen und habe
dem Bauern, nachdem er Abends wieder daheim war, einen Besuch
abgestattet. Er war sehr unfreundlich und sprach nur schlecht über
euch. Ich wies ihn zurecht und sagte, dass er freundlich zu euch sein
solle, zumindest ein letztes Mal. Und da wusste ich dass ich euch
helfen wollen würde.“ Jannes und Tom kamen vor lauter Staunen gar
nicht mehr dazu ein Wort hervor zu bringen. „Ja... ähm... also..
ach, nun, also ab wann würde denn ihr Angebot gelten?“, brachte
Tom noch heraus, bevor er setzte, weil ihm alles so surreal vorkam.
„Ihr könnte jetzt direkt mit mir mitkommen. Eure Sachen holen wir
auf dem Weg ab. Ich habe euch zugeschaut wie eure Hände über die
Becher fliegen. Niemand vermag zu glauben, was er sieht. Wobei,
wirklich sehen tun die meisten Leute ja nichts, denn ihr gewinnt ja
meist. Sagt, trickst ihr die Leute aus? Habt ihr einen doppelten
Boden im Brette oder wie bewerkstelligt ihr das?“, die Augen des
Fürsten leuchteten vor Neugier. „Mein Herr, wir sind ehrliche
Bürger und ehrliche Spielmänner. Wir sind geübt das Auge zu
täuschen, aber wir betrügen nicht.“ „Nun gut, dann müsst ihr
mir aber mal ein paar eurer Tricks verraten, wenn wir wieder auf der
Schwarzenburg sind.“ „Mit dem größten Vergnügen, mein Herr.“
Und so war es beschlossen. Jannes, Tom
und der Fürst begaben sich über den Markt, und fuhren dann mit der
Kutsche zur Schwarzenburg. Dort angekommen bezogen die Beiden ihr
neues Quartier und freuten sich des Lebens, dass sie jetzt beide ein
richtige Bett ein eigenes Bad und sogar eine kleine Küche für sich
hatten. Essen konnte sie vom Fürsten bekommen. Die Küche der
Bediensteten stand ihnen immer offen. Und der Fürst bot an, dass,
wenn sie auch außerhalb des Zirkus etwas tun wollten, sie leichte
Arbeiten für weiteren Lohn erledigen könnten.
Am Abend saßen Jannes und Tom zusammen
auf einem Bett und lagen sich weinend in den Armen, weil es sie so
freute. Andererseits waren beide aber auch unendlich traurig darüber,
dass ihre Mutter und Frau es nicht mehr miterlebt hatte. In dieser
Nacht schliefen beide tief und fest und am Himmel erschien eine
hellleuchtende Sternschnuppe. Und plötzlich fühlten sich beide viel
geborgener und träumten einen wunderschönen Traum voller Liebe und
Glück und Harmonie und Klara, Jannes Mutter und Toms Frau.
Weihnachten sollte doch einmal wieder ein schönes Fest werden. Und
nicht nass und kalt und alleine. Nein, sie feierten mit allem
Burgbewohnern zusammen ein riesiges und schönes Weihnachtsfest.
Bis nächstes Jahr,
Bis dann, Bye Bye und Tschüss!
HENRY
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